Rekapituliert: Game of Thrones Season 4 Episode 7+8

Beautiful death indeed. Nach urlaubsbedingter Pause widmet sich Geeksisters den letzten beiden Game of Thrones Folgen, die zweifellos zusammen das Highlight der bisherigen Staffel darstellen. Es sieht nicht gut aus für… naja, für so ziemlich JEDEN, an dem uns in der Serie gelegen ist. Wer hat wen zerquetscht, welche Ziele verfolgen die verbleibenden Charaktere eigentlich noch und welche Ereignisse stehen für den Rest der Staffel noch an? Und was kostet es wohl, sich von George R. R. Martin persönlich umbringen zu lassen?

„I WILL BE YOUR CHAMPION!“

Kann Spoiler für die gesamte Serie bis zur aktuellen Folge enthalten. Enthält Romanvergleiche. Spoilert KEINE Buchinhalte über die aktuelle Folge hinaus. In Unkenntnis und offener Missachtung der deutschen Übersetzung bleiben alle Orts-, Ordens- und Familiennamen englisch.

Lieber Himmel, da fährt man mal für zwei Wochen in die Internetlosigkeit und schon bricht in Westeros die Hölle los. „Mockingbird“ war bereits ein absolutes Highlight der Serie, das aber von „The Mountain and the Viper“ so problemlos getoppt wurde, dass einem glatt die Spucke wegbleibt. Der später titelgebende Mountain wird gleich zu Beginn von „Mockingbird“ eingeführt – was eigentlich nicht nötig sein sollte, kam er doch in früheren Staffeln bereits vor, gleichzeitig aber unumgänglich ist, weil es sich bei Hafþór Júlíus Björnsson schon um die dritte Besetzung dieser Rolle handelt. Leider ist er neben dem übertrieben heteronormativen Daario Naharis gleich der zweite fehlbesetzte Charakter in dieser Staffel, denn Björnsson wirkt trotz seiner Größe nicht wirklich blutrünstig und höchstens ein wenig schlecht gelaunt, darüber kann auch der Umstand, dass er kiloweise Eingeweide auf den Boden regnen lässt, nicht hinwegtäuschen. Auch besteht zwischen ihm und seinem Bruder Sandor so wenig Ähnlichkeit, dass die Folge uns an den Verwandtschaftsgrad sicherheitshalber nochmal erinnern muss. Aber das ist Jammern auf höchstem Niveau, keine Frage.

Der Mountain will eigentlich nur singen und Gänseblümchen pflücken, das sieht man doch sofort!!!

Unterdessen beginnen die Zellengespräche zwischen Jaime und Tyrion derart unterhaltsam zu werden, dass man sich Tyrion gar nicht mehr so dringlich aus seinem Verlies rauswünscht. Der hat gerade nicht nur den schönen Jaime-wird-Stammhalter-Plan seines Vaters vereitelt, sondern schlägt Jaime sogar vor, als sein Champion in den sicheren Tod zu gehen und so mit einem Schlag das ganze Geschlecht auszulöschen, und: Jaime scheint sogar einen Moment zu zögern, bevor er ablehnt, so groß ist der Hass zwischen den Brüdern und ihrem Vater inzwischen. Da der verkrüppelte Jaime nicht kämpfen kann, lässt Tyrion Bronn zu sich bringen, der aber – oh Wunder – auch nicht für seinen ehemaligen Herrn in den Ring steigen will. Der Abschied der beiden fasst das Verhältnis zwischen den Weggefährten perfekt zusammen. Bronn hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er niemals ohne eigenen Vorteil handeln würde, und obgleich Tyrion sich wider besseren Wissens an die Hoffnung geklammert hatte, dass das Sellsword ihm freundschaftsbedingt helfen könnte, ist er weder überrascht noch beleidigt. Bronn meint es ja schließlich nicht persönlich, aber die Wahl zwischen einem Kampf mit dem Mountain und einer eigenen Grafschaft nebst Burg und trotteliger Ehefrau fällt einfach nicht schwer. Es sieht allerdings so aus, als sei der gute Tyrion von allen Freunden verlassen…

„Sorry bro. The Bro Code specifically says ‚A bro must not ask another bro to die for him in single combat‘, right?“

Zugegebenermaßen bleiben einige Plotlines dahinter etwas zurück. Etwa Jon Snow, der auf der Wall sinnvolle Vorschläge zur Abwehr der Wildlings macht, die natürlich abgelehnt werden. Oder auch Melisandre, die der prüden Königin Selyse mitteilt, dass deren entstellte Tochter Stannis unbedingt begleiten muss – natürlich nackt, denn attraktive Frauen sind in Westeros vertraglich dazu verpflichtet, bei jeder zweiten plotrelevante Handlung ihre Brüste zu zeigen und außerdem wüssten wir sonst nicht, dass wir eine HBO-Serie gucken. Selyse stellt sich dem Plan der Feuerprieserin nicht entgegen, in den Händen einer Frau, die ihrem Lord of Light bevorzugt Kinder von königlichem Geblüt opfert, wird der niedlichen Prinzessin Shireen doch wohl nichts passieren, oder?

Ungleich erfreulicher ist dagegen die Sequenz, in der Brienne und Pod in einem Gasthaus einkehren und von niemand anderem als Arya Starks kugeligen Freund Hot Pie bedient werden. Der weicht ihren Fragen bezüglich Sansa Stark zunächst aus, eröffnet dann aber im letzten Moment, was bis zu dem Zeitpunkt fast niemandem bekannt war: Arya Stark lebt und in der Hoffnung auf ein anständiges Lösegeld zu ihrer Familie gebracht werden soll. Dass es sich bei Aryas Begleiter inzwischen nicht mehr um Beric Dondarrion sondern um den Hound handelt, kann er natürlich nicht wissen, aber sein Hinweis, dass Lysa Arryn nach der Red Wedding Aryas letzte lebende Verwandte ist und das Vale der beste Ort wäre sie zu suchen, ist dennoch richtig und bringt das entzückend ehrenhafte Duo nicht nur auf Aryas, sondern unwissend auch auf Sansas Spur. Das mag irre plotrelevant sein, verblasst aber gnadenlos neben der Abschiedsszene, in der Hot Pie den beiden Reisenden als Geschenk für Arya einen selbstgebackenen Wolf mitgibt. Neben dem kollektiven „Aaaaawwwwwww!“ aller auch nur ansatzweise menschlichen Zuschauer kommt man nicht umhin zu bemerken, dass seine Backskills sich bemerkenswert verbessert haben. Hoffentlich laufen wir ihm nochmal über den Weg, dann gibt es vielleicht eine ganze Wolfstorte…

Challenge completed: Baking awesome Wolf Bread

Ach ja, und wer wie ich heimlich von einem mit allen düsteren Traditionen der Serie brechenden Spin-off träumt, in dem Pod und Brienne einfach durch die Gegend reiten und Gutes tun, für den gibt es jetzt diesen epischen Trailer:

Arya selbst ist weiterhin mit dem Hound unterwegs, der ihr an einem sterbenden Bauern die wichtigste Killing 101 Lektion erteilt, nämlich wo man mit dem pointy end denn überhaupt hinstechen soll. Das kann sie auch direkt üben, als Biter und Rorge auftauchen, die beiden Mörder, die in der zweiten Staffel zur Wall geschickt wurden und denen Arya bei der Befreiung Jaqen H’ghars versehentlich das Leben rettete. Das bereut sie nun vermutlich, denn Biter springt den Hound von hinten an und – nomen est omen – beißt ihn in den Hals. Der Hound tötet ihn und Arya bekommt schon zum zweiten Mal in dieser Staffel Gelegenheit, einen ihrer Feinde eiskalt zu töten, nicht ohne vorher seinen Namen zu erfragen, den sie souverän direkt auf ihre Todesliste setzen und wieder wegstreichen kann. Als sie später anbietet, die Bisswunde des Hounds auszubrennen (Ohne mit der Wimper zu zucken! Wenn das so weiter geht ist unser kleines Mädchen bald abgebrüht genug um alle Lannisters im Alleingang niederzumähen), gesteht der ihr sein frühkindliches Feuertrauma. Sein böser Bruder Gregor hat ihm nämlich einstmals das Gesicht verbrannt und es ist wirklich gut, dass wir nochmal an das blutrünstige Wesen des knuffigsten Knuddelriesen von King’s Landing erinnert werden, sonst hätte ich nämlich längst wieder vergessen, dass er einer der größten Verbrecher Westeros‘ ist. Auf jeden Fall ist es an der Zeit, dass Arya und ihr Hound mal irgendwo ankommen, in der Zeit, die sie jetzt schon unterwegs sind, hätten gewisse andere Leute einen gewissen Ring nach Mordor gebracht und wären auch schon wieder auf dem Rückweg.

„SURPRISE!!! So happy to see you! Need a hug?“

Achja, und dann werden die „Would you just get some already?“ Rufe der Zuschauer endlich erhört, indem Daenerys selbiges mit Daario Naharis tut. Scheinbar bin ich nicht halb so genervt von den klebrigen Blicken, die die beiden seit Beginn der Staffel austauschen, wie viele andere (wer in den 90ern im VOX Nachmittagsprogramm verfolgt hat wie Doktor Quinn ihrem langhaarigen Naturburschen gefühlt tausend Staffeln hinterhergeschmachtet hat, den schreckt so schnell nichts mehr), aber gleichzeitig hat die blonde Drachenfrau es in dieser Staffel so wenig geschafft mich zu interessieren, dass es mir auch einfach egal ist. Zudem schafft es auch Episode 7 nicht mir den Eindruck zu nehmen, dass Daario grauenhaft fehlgecastet ist. Für Jorah Mormont ist die Situation so aber vielleicht noch gemeiner: War Daario im Buch ein grazioser Kämpfer exotischen Aussehens, neben dem Mormont aussehen muss wie ein behäbiger Grizzlybär, der gerade aus dem Winterschlaf erwacht, ist er nun ein kerniger Söldner, der bei allen Versuchen elegant zu wirken eher wie eine jüngere Version des armen Ser Jorah aussieht. Bei aller Gleichgültigkeit verstehe ich übrigens weder die begeisterten Reaktionen auf Daarios Striptease (Ach, kommt mir nicht mit ‚female gaze‘, der Typ kam da rein, sagte eigentlich nichts anderes als „Ich habs im Bett voll drauf“ und sie sagte „Ok“, das hat so viel Machtdynamik wie ein Butterkeks und auch in etwa so viel Sexappeal) noch die Absichten, die die Serie damit verfolgt. Daenerys und Daario haben nichts romantisches, ihre Beziehung ist nicht sonderlich sexy, Jorah guckt traurig, aber eigentlich nicht traurig genug für eine ernstgemeinte Dreiecksgeschichte und dann hat das alles scheinbar keinerlei Konsequenzen. Langsam kommt die Frage auf, wie wir uns je wieder für die vermeintliche Hauptgeschichte (A Song of Ice and FIRE, remember?) der Serie begeistern sollen.

Wenn man doch nur ein Fitzelchen Chemie zwischen diesen beiden Charakteren entdecken könnte…

Den Preis für die epischste und meistzitierte Szene („I demand a trial by combat“ scheint inzwischen überall als adäquate Reaktion auf Konflikte aller Art akzeptiert zu sein. „Schatz, würdest Du mal bitte den Müll…“ „I DEMAND A TRIAL BY COMBAT!“) muss sich Tyrion seit dieser Folge mit Oberyn Martell teilen, der die Gelegenheit ergreift, den Tod seiner Schwester zu rächen. „I WILL BE YOUR CHAMPION!“ Hach…

Titelgebend für die Folge ist die Spottdrossel, das Wappen des kleinen und ach so unbedeutenden Hauses Baelish, dessen letzter Abkömmling Petyr, aka Littlefinger, gerade einen König getötet hat und sich mit Sansa Stark zu deren Tante Lysa Arryn geflüchtet hat. Dort darf Sansa einen letzten Moment kindlicher Unschuld erleben – viele Zuschauer kritisieren Sansas Charakterentwicklung als zu langsam und entsprechend langweilig, aber vielleicht sollte man sie für ihr tragödienresistentes Wesen bewundern, das sie so lange vor großer Veränderung bewahrt hat – , in dem sie im verschneiten Hof eine Schneeburg baut. Eigentlich haben wir sie seit dem Ende der ersten Staffel selten anders als mit vom Weinen geröteten Augen gesehen, aber nun wirkt es zum ersten Mal als beginne sie wirklich um das Vergangene zu trauern. Erst jetzt, da sie vor ihrer liebevoll angefertigten Winterfell-Miniatur sitzt, scheint ein Verarbeitungsprozess in Gang zu kommen, un selten konnte man so gut mit ihr mitfühlen.

Winterfell: Würde es nicht jede Woche im Vorspann auftauchen wüssten wir längst nicht mehr, wie es aussieht.

Aber sie wäre ja nicht Sansa Stark, wenn die Serie ihr einen vollkommen friedlichen Augenblick gönnen würde. Prompt stapft ihr reichlich verzogener Vetter Robin herbei und erinnert sie nicht nur an ihre geplante gemeinsame Zukunft, sondern (als wäre diese Aussicht nicht schon schlimm genug) zerstört auch noch ihre Burg bei dem bescheuerten Versuch, eine Moon Door in den höchsten Turm zu boxen. In seinem darauf folgenden Wutanfall erinnert er für einen kurzen, nahezu nostalgischen Moment so sehr an Joffrey in Season 1, dass sich die Ohrfeige, die Sansa dem plärrenden Drecksblag versetzt, tosenden Applaus vor den Fernsehern hervorgerufen haben dürfte. Srsly, was haben die Game of Thrones Macher bloß für einen Hass auf verzogene kleine Jungen mit zu viel Macht, dass sie sie uns ständig als Hassobjekte anbieten? Wie auch immer, die Ohrfeige war mehr als verdient.

Irgs.

Sansa gerät dadurch allerdings in Schwierigkeiten, denn Robin wird zweifellos geradewegs zu Mami rennen und der unberechenbaren Psycholady alles erzählen. Doch schon taucht Littlefinger auf, redet ihr gut zu und es folgt eine Szene, die in jeder anderen Serie äußerst creepy gewirkt hätte: Littlefinger behauptet, an Joffreys Ermordung nur aus Liebe zu Sansas Mutter beteiligt gewesen zu sein. Er habe Catelyn mehr geliebt als alles andere und in einer besseren Welt wäre Sansa seine Tochter gewesen und nicht Eddards. Mit seinen väterlichen Gefühlen ist es allerdings nicht so weit her, denn er küsst sie quasi im selben Atemzug. Ach, wenn wir ihm doch seine romantischen Motive nur glauben könnten… Aber wir haben keine Zeit, uns Gedanken über Petyr Baelishs Aufrichtigkeit oder den in dem inzestuösen Rahmen echt unschönen Altersunterschied zwischen den beiden zu machen, denn die Kamera schwenkt schon auf Lysa Arryn, die den Kuss von einem Fenster aus gesehen hat und Sansa auch gleich zu sich ruft, um sie aus der Moon Door zu befördern. Es wird nicht deutlich, ob sie Sansa wirklich umbringen oder nur einschüchtern will, und sie wirkt ehrlich nicht, als wisse sie es selbst so genau, klar wird aber, dass Sansa sich noch nach King’s Landing zurücksehen wird, wenn die Situation nicht schnell deeskaliert. Zum Glück hat Littlefinger gewisse Streitschlichterkompetenzen. Er beruhigt Lysa, versichert ihr, dass er immer nur eine Frau geliebt hat und stößt die geistig umnachtete Frau durch die Moon Door, nicht ohne sicherzustellen, dass sie weiß, dass sie selber nie diese Frau gewesen ist.

„Lösen Sie jetzt Ihre Probleme per Moon Door“

Es wäre mit Sicherheit noch einiges zu „Mockingbird“ zu sagen, doch da „The Mountain and the Viper“ längst gelaufen ist und jede wichtige Plotline direkt wiederaufnimmt sollten wir erstmal die Ereignisse der nächsten Folge rekapitulieren, die selbst auf der Game of Thrones Skala einen Traumaindex erreicht, dessen sich bislang nur die Red Wedding rühmen konnte.

In Moletown, wohin Sam Gilly und ihr Baby zu deren Schutz abgeschoben hat, fallen die Wildlings ein, angeführt von Tormund, Ygritte und der verirrten Comicfigur, die sie begleitet. Es ist ein guter Start in die Folge. Die jenseits der Wall aufgewachsene Gilly erkennt die Eulenrufe, mit denen sich die Wildlings verständigen, und versteckt sich rechtzeitig, der Rest des Dorfes wird gnadenlos ausgelöscht. Ygritte findet Gilly, verschont sie jedoch wegen des Babys. Das ist ein wenig käsig und hat einen Anschein von „Hach, jetzt hat die Kriegerin die Liebe kennengelernt und wird ganz weich“, aber im Hintergrund tropft das Blut der Erschlagenen von der Decke und wir sehen einfach mal darüber hinweg. Auf der Wall ist Sam natürlich fix und fertig. Gilly dorthin zu schicken, wo die Wildlings ABSEHBARERWEISE einfallen würden, um sie vor den Männern der Night’s Watch zu schützen, die – wie die Folge nochmal zeigt – GENAU DORT HINGEHEN um zu huren, war jetzt doch kein so guter Plan und unser dicker Serienhobbit wäre wohl gerade liber die Romanfigur Sam, der dieser Blödsinn im Traum nicht eingefallen wäre. Ansonsten sitzen die Brüder diese Folge bloß rum und jammern über die nahende Übermacht, wohlwissend, dass sie in dieser Folge noch nicht angegriffen werden können, weil die Screentime das nicht hergibt.

Ygritte weiß gerade selber nicht so genau, auf welcher Seite die Serie sie sehen will

Blutig geht es auch direkt weiter, als Ramsay Snow Theon/Reek für kurze Zeit seine alte Identität annehmen lässt um ihn als Gesandten nach Moat Cailin zu schicken, wo er die dort stationierten Iron Men davon überzeugen soll sich zu ergeben. Leider funktioniert Theons Identitätskrise für mich immernoch nicht richtig. Seine Dialoge sind gut geschrieben und es hat durchaus was, wenn er bei der ersten Begegnung mit einem autoritären Ironborn droht in seine Reek-Persone zu dissoziieren, aber ich wünschte wirklich, man würde seine Veränderung optisch deutlicher wahrnehmen. Reek, der sich als Theon ausgeben soll, sieht irgendwie noch fertiger aus als Reek, der Ramsay Snow rasiert, und das kommt mir falsch vor. Wie umwerfend wäre es gewesen, hätte Theon die bisherige Staffel über ausgesehen wie Grima Schlangenzunge, um in dieser Folge plötzlich wieder wie er selbst zu wirken? Nunja, es lässt sich nicht ändern. Immerhin kriegen wir das zu sehen, wofür das Haus Bolton bekannt ist: Anstatt ihn wie versprochen ziehen zu lassen zieht Ramsay dem Anführer der Ironborn die Haut ab und tötet den Rest. Daraufhin ist sein Vater so zufrieden, dass er ihn in einer Mufasa-artigen „Was siehst Du? Alles was das Licht berührt ist unser supergroßer Norden und der wird bald uns gehören“ Anwandlung als richtigen Sohn annimmt und zu seinem Erben macht. Wohin die beiden sich nun, da sie offensichtlich den Norden beherrschen wollen, aufmachen werden, können wir schon ahnen…

Petyr Baelish wird währenddessen von den Lysa Arryn untergebenen Herrschern des Vale verhört. Dass es sich bei Lysas Tod um einen Unfall handelt, wollen sie nicht glauben und Littlefinger finden sie jetzt an sich auch nicht sonderlich vertrauenserweckend (ENDLICH Menschen mit Augen im Kopf, die einzige Möglichkeit Aidan Gillen noch auffälliger zu machen wäre, ihn regelmäßig Voltaires „When You’re Evil“ singen zu lassen). Sie befragen Sansa als einzige Augenzeugin und die verrät ihnen doch tatsächlich ihre wahre Identität – ein kluger Schachzug, denn ihr Vater war Jon Arryns Ziehsohn und ist im Vale immernoch hoch angesehen. Obwohl die Möglichkeit im Raum steht und sie sie bis zuletzt offen lässt verrät sie Littlefinger nicht und stellt ihn als ihren Freund und Beschützer vor. Sie kann die Adligen überzeugen und macht sich mit Robin und Littlefinger auf, die Mächtigen des Vale zu besuchen, um ihren Einfluss zu vergrößern, und als sie in ihrem auffallend engen „ich trauere um meine Psychotante“-Kleid die Treppe herunterkommt kratzt einem die „growing up“ Metapher fast die Augen aus. Sansa lernt langsam, wie die Welt funktioniert und beginnt, ihre Regeln für sich zu nutzen. Wenn sie damit durchkommt, könnte sie sich in einiger Zeit zu einer politisch einflussreichen Person mausern.

Kurz davor uns mit einem ‚Let It Go‘ Cover zu erfreuen: Sansa

Mir gefällt das eigentlich ganz gut, zumal die Serie Sansa damit sehr viel mehr Eigeninitiative zugesteht als im Buch, wo sie nach wie vor alles tut, was Littlefinger ihr aufträgt und nicht mal den Ansatz eines eigenen Plans verfolgt. Allerdings ist keinesfalls gesagt, dass Sansas Macht über Littlefinger mehr ist als eine weitere Intrige seinerseits. Sie behauptet zwar zu wissen, was er will, aber… ähm… ERNSTHAFT? Wenn sie damit nicht meint „so viel Macht wie möglich über das gesamte Land, den Tod aller Menschen, die ihn jemals auch nur komisch angeguckt haben und vielleicht, ja vielleicht auch noch die Tochter der Frau, die er so geliebt hat“ sollte sie ihre Situation dringen überdenken. Kindchen, das hier ist Petyr „Littlefinger“ Baelish. Er mag vielleicht Joffrey getötet haben, aber doch niemals aus Rache für Deine Mutter, mit deren Tod Prinz Blondie ja eigentlich nichts zu tun hatte. Und wir wollen bitte nicht vergessen, dass er Hauptverantwortlicher für den Tod Deines Vaters war, Herzchen. Und erinnert sich noch jemand an Ros, die freundliche Prostituierte, die er ebenfalls auf dem Gewissen hat? Wenn eine Figur im Game of Thrones Universum gerade nicht aus Liebe handelt, dann ja wohl er.

Bekam erst unter die Nase gerieben, dass seine Drachenfrau auf den anderen steht, und darf jetzt ganz gehen: Ser Jorah

Erfreuliche Nebenplotlines waren dagegen die sich anbahnende Romanze zwischen Missandei und Grey Worm, die so zuverlässig von ihrer langweiligen Herrin ablenken, und Arya und der Hound, die tatsächlich mal irgendwo ankommen (sieh genau hin, Stannis!). Die Romanze ist awkward und entspricht nicht ganz dem Ton der Serie (Echt jetzt, er sieht sie nackt am Ufer stehen und das ist ein Drama? In einer Kultur in der es zumindest laut Buch als modisch gilt wenigstens eine nackte Brust zu zeigen?), aber das ist dann auch egal. Die Liebe zwischen der ehemaligen Sklavin und dem Eunuchen ist zumindest etwas, das mein Interesse weckt. Zum ersten Mal in dieser Staffel könnte ich vielleicht Angst haben, dass in Meereen jemand stirbt – und machen wir uns nichts vor, wer lebt und wer stirbt ist die Hauptfrage, mit der die Serie uns bei der Stange hält. Achja, und Daenerys erfährt, dass Jorah Mormont sie in der ersten Staffel eigentlich ausspionieren sollte, bevor er zu ihr übergelaufen ist und beweist Klugheit und Weitsicht indem sie ihn sofort verbannt. Man könnte jetzt analysieren, warum das nicht sinnvoll rüberkommt, aber ich bin schlicht zu desinteressiert, das zu tun. Vielleicht möchte mir ja ein Fan der Meereen-Plotline in einem Kommentar erklären, worin ihr Reiz liegt, denn er scheint chronisch an mir vorbeizugehen. Dafür bin ich versucht, das Gespann Tyrion Lannister/Oberyn Martell als Inhaber der coolsten Szene der Staffel abzusetzen, denn Aryas Ankunft im Vale ist ein so großartiger Moment, dass er in sich absolut perfekt ist. Ihr schallendes Gelächter, als sie realisiert, dass sie gerade zwei Staffeln mit einer identischen Plotline (5 Folgen reisen, sich dem Familienmitglied nähern, knapp zu spät kommen um selbiges noch lebendig vorzufinden) zugebracht hat, zeigt, wie weit sie ihrer großen Schwester darin voraus ist die Ereignisse zu verarbeiten. Fraglich bleibt, was sie und der Hound jetzt tun werden.

„Your relative is in another castle – again?!“

Bedenkt man, wie gespannt wir alle auf diesen Kampf waren und wie wenig Screentime er in dieser Serie hatte, kommt es einem fast komisch vor, dass nur die letzten 15 Minuten der Folge tatsächlich in King’s Landing spielen. Angeblich hat George R. R. Martin kürzlich beklagt, dass die Serie ihre Staffeln nicht auf 12 Folgen erweitert, und man muss ihm durchaus zustimmen. Dafür wird es erstmal ordentlich selbstreferentiell, wenn Tyrion und Jaime sich gemeinsam an ihren geistig behinderten Vetter erinnern, der sein Leben damit verbrachte im Hof von Casterly Rock zu sitzen und willkürlich Käfer mit einem Stein zu erschlagen. Tyrion berichtet, wie fasziniert er davon war und dass ihn die Frage danach, warum sein Vetter den täglichen Drang verspürte, all diese Käfer zu zerquetschen, bis heute beschäftigt. Nein, diese Geschichte haben die Serienmacher Benioff und Weiss nicht aus den Romanen. Ja, es gibt nur eine einzige Art, auf die wir sie alle interpretieren wollen, also suchen wir doch garnicht erst nach anderen Auslegungen:

Keep on smashing, George R. R. Martin, there are plenty of characters left!

Dann kommt der Morgen des Zweikampfes. Und hier ist, was passiert. Nein, ernsthaft, ich möchte von NIEMANDEM hören, dass die Ereignisse anders verlaufen sind. Das ist es, was ich gesehen habe und im Gedächtnis behalten werde:

Jupp, that’s what happened.

In der mit dem Roman übereinstimmenden Version, deren Existenz ich für immer leugnen werde, wird wieder deutlich, dass die Serie den Büchern mitunter nicht nur gerecht wird, sondern ihnen sogar überlegen ist. Beim Lesen interessierte man sich kaum für Oberyn Martell, man hoffte natürlich um Tyrions Willen auf seinen Sieg und fand sein Rachemotiv sinnvoll, aber man trauerte dem Charakter selbst kaum hinterher. Es ist der Serie hoch anzurechnen, dass sie Oberyn in nur einer Staffel zu dieser großartigen Figur gemacht hat, auf die man eigentlich nicht mehr verzichten will. Indira Varma als Ellaria Sand hatte zwar immernoch keine wirkliche Sprechrolle, war aber von ihrer Präsenz her so stark, dass sich das hoffentlich noch ändert. Kommt schon, Benioff und Weiss, ihr habt schonmal Figuren weiter ausgebaut! Wir wollen alle mehr Zeit mit dieser umwerfend schönen Frau verbringen, darauf könnt ihr euch verlassen!

Game of Thrones Staffel 5: Ellaria Sand kommt und tötet alle. The end.

Der Kampf selbst war sehr nah an dem im Buch. Oberyn Martell dabei zuzusehen, wie er den Mountain zu Fall bringt, war eine bittersüße Freude – man wusste ja, was folgen würde. Schön wäre es gewesen, wenn die hervorragend inszenierten Actionsequenzen hier und da vielleicht mit einer Nahaufnahme versehen worden wären. Oberyns Gesicht, als der Mountain fällt, das Gesicht des Mountains, bevor er Oberyn zu Fall bringt, irgendwas, um die ohnehin schon gebannten Zuschauer stärker an den emotionalen Hintergrund von Oberyns Kampf zu erinnern. Dass Regisseur Alex Graves – aka Mr. ‚Whoops, ich hab‘ da versehentlich ne Vergewaltigungsszene gedreht‘ aus Folge 3 dieser Staffel – für diesen Part nicht so geeignet ist, war aber von Anfang an klar und Oberyns grausiges Ende lenkt auch zu Genüge davon ab. Und nachdem wir den grausamsten Tod der Staffel (und vielleicht der gesamten Serie, wobei ich immernoch auf Talisa verweisen würde) irgendwie verkraftet haben müssen wir uns fragen, ob Oberyn Martells Rachedurst nun auch Tyrion den Kopf kosten wird. Denn dass diejenigen, die ihre Hände in den Tränen junger weiblicher Robb Stark Fans baden, davor zurückschrecken, einen derart beliebten Charakter sterben zu lassen, scheint plötzlich garnicht mehr so sicher.

„Mockingbird“ und „The Mountain and the Viper“ waren nicht nur äußerst unterhaltsam, sondern auch bisher die beiden erfolgreichsten Episoden der Serie, deren Popularität so rapide zunimmt, dass man es als an ein Nieschendasein gewöhnter Fantasyfan kaum fassen kann. Entsprechend nimmt auch der Kult um Autor George R. R. Martin immer weiter zu, dessen popkulturelle Inszenierung als herzloser Autorgott, der scheinbar willkürlich wichtige wie unwichtige Charaktere tötet, auch ohne Käfermetaphern boomt. Das nutzt Martin nun für einen guten Zweck: Unter allen Spendern für sein Wolfsgehege bei Sante Fe, wo misshandelte und eingesperrte Tiere gerettet und gepflegt werden, verlost er einen gemeinsamen Nachmittag mit Gesprächen über alles, was man schon immer von ihm wissen wollte (ein tägliches Update über seine Blutwerte wäre mir lieber gewesen, immerhin ist er nicht der jüngste und hat noch einiges zu schreiben) und wer 25.000$ locker machen kann, den schreibt GRRM tasächlich in einen der beiden verbleibenden Romane der Game of Thrones Reihe, natürlich mit dem Versprechen eines besonders grausamen Todes.