Rekapituliert: Game of Thrones Season 4 Episode 4

WHITE WALKER MADNESS!!! Damit man auch als Romanleser so richtig mitfiebern kann, hat die letzte Game of Thrones Folge endlich wieder eine vollkommen buchunabhängige Plotline eröffnet. Aber das war längst nicht alles, was die auf den ersten Blick ereignislose Episode zu bieten hatte. Zwischen titelgemäßem Pathos und vielen kleineren Szenen mit Publikumslieblingen hatte sich doch erstmalig ein Spoiler für die Romane eingeschlichen!

Diese Folge legt so viel Wert auf Pathos, ihr solltet euch zur Lektüre statt des Game of Thrones Soundtracks lieber das hier anhören.

Kann Spoiler für die gesamte Serie bis zur aktuellen Folge enthalten. Spekuliert über den Inhalt späterer Bücher, kann also diesmal kleinere Spoiler für die Romane enthalten. In Unkenntnis und offener Missachtung der deutschen Übersetzung bleiben alle Orts-, Ordens- und Familiennamen Englisch.

Aus irgendeinem Grund gilt „Oathkeeper“ jetzt schon als eine der ereignisloseren Episode dieser Staffel. Wenn dies der Fall ist, so hat die Folge eindeutig gezeigt, wie man unterhaltsam auf größere Ereignisse hinarbeitet, ohne sich in langweiligem Geplänkel zu verlieren. Arya Stark und Stannis Baratheon – die sich ja letzte Woche ein Kopf an Kopf Rennen um den Titel der sinnlosesten Handlung lieferten – mussten wir diesmal nicht beim ausführen irgendwelcher Belanglosigkeiten ertragen. Auch die Theon-Plotline, die momentan nicht wirkt als ließen sich ihre Charaktere ohne gravierende Ereignisse weiterentwickeln, darf dankenswerter Weise etwas ruhen.

Grey Worm und Missandei

Dafür bekommen wir eine längst überfällige Szene zwischen zwei Figuren, die in den Büchern chronisch unterdefiniert bleiben, nämlich Grey Worm, den Anführer der Unsullied, und Missandei, Daenerys‘ Freundin und Übersetzerin. Missandei unterrichtet Grey Worm in der gemeinsamen Sprache von Westeros und berichtet von der Versklavung ihrer Familie. Nachdem wir eine Staffel lang Daenerys dabei zusehen durften, wie sie von verschiedenen starken Männern umschwirrt Städte einnimmt und Sklaven befreit, bin ich dankbar, endlich einige ihrer Gefolgsleute näher kennenzulernen. Ehrlichgesagt ist es überhaupt etwas her, dass die silberblonde Königin ohne Königreich mit ihrer Plotline fesseln konnte. Auf der Handlungsebene mag sie pompös durch die Gegend marschieren, aber charakterlich ist sie längst nicht mehr spannend genug, um ihre Plotline allein zu tragen. In der ersten Staffel war sie noch von spannenden Charakteren wie ihrem Bruder und Khal Drogo umgeben und danach war man mehrere Staffeln im Drachenfieber und achtete eh nicht auf die Handlung, solange die knuffigen Flatterechsen irgendwann zu sehen waren. Aus irgenwelchen Gründen ist es damit allerdings vorbei. Wir schreiben jetzt die dritte Folge ohne Drachen und wir brauchen dringend Figuren, mit denen wir mitfühlen können.

Umso spannender wird dadurch Grey Worms Mission, die Stadt zu infiltrieren und dort zum Sklavenaufstand aufzurufen. Leider geht der Aufstand dann so schnell vonstatten, dass es sich kaum wie eine große Leistung anfühlt. Daenerys erinnert uns anschließend daran, dass sie keine gute Kuschelkönigin mit Anwandlungen christlicher Nächstenliebe ist, sondern Grausamkeit mit Grausamkeit vergeltet. Für jedes gekreuzigte Kind, an dem sie auf ihrem Weg nach Mereen vorbeikam, pfählt sie einen der überlebenden Sklavenhalter. Das ist aber auch das einzig unangenehme an diesem ansonsten grandios sauberen und unblutigen Sklavenaufstand, bei dem unseres Wissens nur ein einziger und dazu sehr grimmig dreinblickender Sklavenhalter vom wütenden Mob überrannt wurde. Die unzähligen Todesopfer auf beiden Seiten – zu denen im Buch bevorzugt Frauen und Kinder gehören – fielen irgendwie unter den Tisch und so können wir ganz ohne Buachschmerzen zusehen, wie Daenerys in einer Einstellung von tolkienscher Epicness auf „ihre“ Stadt herabblickt, während hinter ihr das Bannes des Hauses Targaryen weht. Hach…

Der Traum aller jungen Mädchen: Daenerys aka Ms. Epicness hat jetzt ihre eigene Pyramide.

Epic scene count: (1) Diese Folge ist generell ganz vorne dabei, wenn es um Pathos geht. Aber dazu kommen wir noch.

Tyrion ist traurig: In dieser Staffel darf er fast nicht vorkommen.

In King’s Landing führen Jaime und Bronn ihr Schwerttraining fort. Die Szene lässt sich im Vergleich zur bisherigen Staffel viel Zeit und ist insgesamt erfreulich, ebenso wie der darauf folgende Besuch Jaimes in Tyrions Zelle. Es ist ein Jammer, Tyrion eingesperrt zu sehen, zumal seine Stärken vor allem bei größtmöglicher Handlungsfreiheit zur Geltung kommen. Nun kann er wenig mehr tun, als einige müde Witze zu reißen und seinen ohnehin überforderten Bruder von seiner Unschuld zu überzeugen. Man hat fast den Eindruck, dass Jaime um seine eigenen Mängel als handlungstragende Figur weiß. Er sollte kämpfen, nicht denken, und die Welt machte sehr viel mehr Sinn, als er noch in klaren Kategorien von ‚Familie‘ und ‚Feind‘ denken konnte und Tyrion die ganze politische Bedeutung (also Screentime) zukam. Es ist gerade die Tatsache, dass sich Jaime genauso nach dem früheren – und unterhaltsameren – Setting zurücksehnt wie der Zuschauer, die ihn gleichzeitig zum Sympathieträger macht. Wie erwartet hatte übrigens die Vergewaltigungsszene der letzten Folge keinerlei Konsequenzen. Cersei wird als unausstehliche Schnepfe dargestellt, die versucht Jaime zu manipulieren, alles ist wie immer und als Zuschauer vergessen wir lieber, was wir gesehen haben. Halten wir einfach fest, dass Jaimes frühzeitige Rückkehr nach King’s Landing die bislang schlechteste Entscheidung der gesamten Serie war und einige Unstimmigkeiten jetzt die letzten Ausläufer dieses Unsinns sein werden.

Unterdessen erfährt Sansa, wohin Littlefingers Schiff sie bringt, nämlich zu ihrer Tante Lysa Arryn (ihr wisst schon, die Frau mit dem schrecklich infantilen Sohn, die Tyrion in der ersten Staffel gefangen hielt), die er heiraten soll, um die Arryns sicher auf Seite der Lannisters zu wissen. Nur haben die Lannisters nicht realisiert, dass Littlefinger längst sein eigenes Spiel spielt. Er eröffnet Sansa, dass seine neuen Verbündeten ihm mehr zu bieten haben und auch ihm selbst Joffreys Tod nicht ungelegen kam (naja, ihm und jedem Menschen in Westeros, der nicht den Namen Lannister trug…) und deutet an, dass das Gift für Joffrey während der Hochzeit in Sansas Kette versteckt war. Spätestens jetzt könnte man auch ohne die Bücher wissen, wer Joffreys Mörder ist, denn während der ganzen Hochzeit sah man nur eine einzige Figur an Sansas Kette herumzupfen – im übrigen eine Figur, deren exquisiter Geschmack bezüglich Schmuck ausdrücklich betont wurde, so dass man sich schon in der letzten Folge fragen konnte, wieso sie die Kette nicht gleich als billiges Replikat erkannt hat.

Weiß auch in dieser Folge alles: Lady Olenna

Überblende zu Olenna Tyrell, die kurz vor der Abreise nach Highgarden steht und der zweifach verwitweten Margery den Mord rundheraus gesteht. Es kann nicht überraschen, dass die Queen of Thornes eine begnadete Ränkeschmiedin ist: Hätte jemand das Gift entdeckt, wäre der Verdacht niemals auf sie gefallen, und bis zuletzt war es Sansa, die unwissend ihren Kopf in der Schlinge hatte. Wir werden Lady Olenna noch bitter vermissen, besonders weil außer ihr niemand in King’s Landing dem unterkühlten Übervater Tywin Lannister die Stirn wird bieten können.

Im Vergleich zu den Büchern erfreulich aufgewertet ist übrigens auch Margery Tyrell, die jetzt alles dranlegt, Prinz Tommen heiraten zu dürfen, um endlich, endlich Königin zu werden. Im Buch ist sie kaum mehr als ein wandelndes Politikum, wer sie heiratet hat die Macht Highgardens und die Streikräfte der Tyrells hinter sich. In der Serie macht sie schon als Renly Baratheons Braut in der zweiten Staffel klar, wie groß ihre Ambitionen sind. Allerdings glaubte man als Zuschauer zu dem Zeitpunkt ihre Fähigkeiten in der Verführerrolle ausgeschöpft. Sie lief leicht bekleidet durch die Gegend und versuchte vergeblich, den in ihren Bruder verliebten Renly zu verführen. Schon in der dritten Staffel zeigte sich, dass sie deutlich mehr auf dem Kasten hat, da die Verlobung mit Joffrey gewissermaßen einen anderen Verführungsmodus forderte. In mehreren Folgen schien sie ihn beinahe zähmen zu können und die Anpassungsfähigkeit, mit der sie Joffreys lächerlicher Faszination für Waffen entgegenkam, war bemerkenswert. Da sie aber in der Partnerwahl offenbar so viel Pech hat, dass es für fünf How I Met Your Mother Staffeln reichen würde (ich verlange ein zynisches Spin-off namens How I Met My King in dem Margery in jeder Staffel versucht einen neuen Prinzen zu angeln, um endlich Königin zu werden, aber in bester „Isnogud der Großwesir“-Manier ständig scheitert), muss sie nun wieder neue Verführungsmuster anwenden, um Prinz Tommen für sich zu gewinnen. Die einfache Masche nachts in sein Schlafzimmer zu schleichen um ihn zu verführen scheitert, als sie realisiert wie kindlich und naiv Tommen noch ist. Also ändert sie ihre Pläne spontan und macht sich zu seiner heimlichen nächtlichen Spielgefährtin, knuddelt seinen Kater und ist insgesamt recht liebreizend. Die Wandlungsfähigkeit dieser Figur macht sie ebenso spannend wie unterhaltsam, und es steht zu hoffen, dass die Serie da noch einiges draus macht.

Da hat jemand „Von langweiliger Romanfigur zum Lieblingscharakter in nur zwei Staffeln – Character Developement leicht gemacht“ gelesen.

Und dann wäre da noch Jaimes Entscheidung, nicht nur seiner eigenen Ehrenhaftigkeit hinterherzutrauern, sondern sein letztes Versprechen gegenüber Catelyn Stark – an das eine gehässige Cersei uns freundlicherweise erinnert, falls wir es inzwischen vergessen haben – einzuhalten. Da er ihr ihre Töchter nicht zurückbringen kann, immerhin ist sie tot und niemand kennt den Verbleib von Arya oder Sansa, beschließt er, Sansa zumindest suchen zu lassen um sie dann zu beschützen. Und da er selbst weder sonderlich kampftauglich ist noch seinen Posten bei der Kingsguard verlassen kann schickt er die ehrenhafteste Person, die ihm bisher begegnet ist. So kann Brienne of Tarth auch ihr eigenes Versprechen gegenüber Lady Catelyn halten.

„Ich soll eine Frau, die mich für ihre Todfeindin hält, suchen und beschützen? Ich weiß nicht, was da schiefgehen sollte…“

Jaime schenkt ihr eine eigens für sie angefertigte Rüstung und außerdem das Schwert aus valyrian steel, das er von seinem Vater bekam und von Brienne den Namen „Oathkeeper“ erhält. Als wäre dieses Zugeständnis, dass Brienne genau die Art Ritter ist, die Jaime vielleicht gerne gewesen wäre, sowie die Tatsache, dass diese Frau zum ersten Mal seit sie King’s Landing erreichte einen anderen Auftrag bekommt, als sich doch bitte mal ein Kleid anzuziehen, nicht genug, um uns Freudentränen in die Augen zu treiben, bekommt sie dann noch Tyrions Knappen Podrick zur Seite gestellt. Pods breites Grinsen, als die beiden losziehen, ist mit Sicherheit der schönste Moment der bisherigen Staffel. Es stört ihn überhaupt nicht, dass sein neuer Herr eine Frau ist – Tyrion war auch nicht gerade ein prototypischer Ritter – oder dass sie einen Auftrag ausführen, der offensichtlich den Interessen der Königin widersprechen, er freut sich einfach, etwas sinnvolles zu tun zu haben und jemanden begleiten zu können, der offensichtlich ebenso in die Kategorie „neutral good“ fällt wie er selbst. So verabschieden sich die beiden von Jaime, die Musik schwillt an, sie reiten durch goldgrüne Sonnenstrahlen davon und schon wieder ist es so ein Herr der Ringe Moment, der eigentlich nicht ganz in den Ton der Serie passt, aber willkommen darüber hinwegtröstet, dass sich Sansas Freude ob der ehrenhaften Verfolger in grenzen halten dürfte und eine Begegnung zwischen Littlefinger und Brienne blutiger enden könnte, als uns lieb ist.

Aaaaawwwwwwww, Podrick sieht so glücklich aus!!!

Epic scene count: (2) Ob zur Serie passend oder nicht, nach so vielen toten Starks haben wir uns auch mal einen vor Ehre triefenden Ritt in den Sonnenuntergang verdient.

Weiß auch in dieser Folge nichts: Jon Snow

Soweit war die Folge solide, unterhaltsam, aber für alle, die die Bücher gelesen haben, nicht sonderlich überraschend. Kommen wir also zu den Plotlines im Norden, die bisher niemanden so richtig zu fesseln vermochten und bestimmt auch diesmal eher zäh sein werden – es sei denn, sie wurden für die Serie KOMPLETT UMGESCHRIEBEN!!! Jon Snow trainiert die Night’s Watch Rekruten, damit sie sich zumindest ansatzweise gegen die gegen die Wall marschierenden Wildlings wehren können. Dabei freundet er sich mit einem Mann namens Locke an, den ich zunächst nicht zuordnen konnte, da er mir einerseits vage bekannt vorkam, aber der Name mir überhaupt nichts sagte. Neu war mir auch, dass die Deserteure, die in der letzten Staffel Lord Commander Mormont erschlagen haben, immernoch in Craster’s Keep sitzen. Jon Snow befürchtet, dass sie den Wildlings in die Hände fallen und das scheinbar gut gehütete Geheimnis der zahlenmäßigen Unterlegenheit der heruntergekommenen Krähenbruderschaft gegenüber Mance Rayders Heerscharen verraten könnten. Ser Alliser Thorne, der vorübergehend als Lord Commander fungiert, will von einer Patrouille zwar eigentlich nichts wissen, wittert jedoch eine Chance, möglichst viele Opponenten loszuwerden, und erlaubt Jon zu Craster’s Keep zu gehen und alle mitzunehmen, die sich freiwillig bereiterklären. Jon hält also eine (für die Verhältnisse von jemandem, dessen Unwissenheit fast sprichwörtlich geworden ist) flammende Rede, in der er die Night’s Watch als Familie darstellt, die jetzt ihren Vater Mormont rächen muss, und seeeehr langsam stehen tatsächlich einige seiner Freunde auf um ihn zu begleiten, unter ihnen Locke. Epische Musik spielt, man erwartet fast, dass sie ihm ihre Schwerter, Äxte und Bögen anbieten, und wir haben eine Gemeinschaft.

Epic scene count: (3) Ich dachte ja beim letzten Mal schon, die Folge sei vorbei. Aber das war doch jetzt die letzte Sze… Oh, ok, es geht noch weiter. Von so viel Ehrenhaftigkeit in einer einzigen Episode wird mir allerdings gerade etwas schlecht.

„I just want to go / Where nobody knows my name / lalalala…“

Was aber vermutlich neben mir auch noch andere übersehen haben: Bei Jons neuem „Freund“ und Begleiter Locke handelt es sich um eine Figur, die in den Romanen Vargo Hoat heißt und den Boltons untergeben ist. Deswegen kam er einem auch so bekannt vor. Er war es, der Jaime verstümmelt und Brienne in die Bärengrube geworfen hat. Er war es auch, der vor zwei Wochen von Roose Bolton geschickt wurde, sowohl Bran und Rickon als auch Jon zu finden und zu töten, damit die Stark-Linie entgültig ausgelöscht wird – etwas, das im Begeisterungssturm über Joffreys Tod schlicht untergegangen ist. Laut der offiziellen GoT Wiki hat übrigens George R. R. Martin selbst die Namensänderung veranlasst, da die Macher der Serie Vargo Hoats Sprachfehler nicht übernehmen wollten.

Wir blenden über zu der heruntergekommenen Gruppe ehemaliger Ranger, die offenbar in Craster’s Keep seit Mitte der letzten Staffel dessen Frauen/Töchter vergewaltigen und missbrauchen. Vor dem Hintergrund des Aufschreis, den die Vergewaltigungsszene der letzten Folge ausgelöst hat, wird die Bereitwilligkeit, die der die Serie buchunabhängige Vergewaltigungsszenarien produziert, möglicherweise in eine anderes Licht gerückt, als es sonst der Fall gewesen wäre. Mein Problem ist an dieser Stelle jedoch ein ganz anderes: Noch vor wenigen Folgen zeichnete sich Game of Thrones durch wenig so aus wie durch die großartige Ambivalenz der Antagonisten. Sie alle waren menschlich, man konnte irgendwie immer verstehen, woher ihre Motivation kam. Selbst Prinz Joffrey hatte eine gewisse Tiefe, selbst wenn sie eigentlich nur die Tatsache, dass er genauso seicht und von sich selbst eingenommen war wie jeder beliebige Teenager von nebenan. Jetzt haben wir plötzlich orkähnliche Kannibalen bei den Wildlings und in Craster’s Keep grausame Vergewaltiger, die Blut aus den Schädeln ihrer Feinde trinken, wie in einem Asterix-Heft. Natürlich könnte man argumentieren, dass letztere gewissermaßen aus der politischen Gründen entstanden sind: Die Night’s Watch besteht ja in unserem Setting primär aus Verbrechern, die die Wahl zwischen harten Strafen und der Wall hatten. Aber der Gut-Böse-Dualismus, der sich hier plötzlich eröffnet – Jon und seine Freunde, die freiwillig oder wegen kleineren Diebstälen zur Wall kamen, und die Vergewaltiger und Mörder, die offenbar in der Wall keine zweite Chance sehen, sondern nur darauf warten, ihrer boshaften Natur weiter folgen zu wollen – ist der Serie eigentlich nicht würdig. Einmal Möder, immer Mörder. Halleluja, das ist genau die Message, die gerade das amerikanische Publikum dringend braucht. Ehrlich, Game of Thrones, Du bist normalerweise klüger.

„Kontextloser Monolog darüber wie böse ich bin in 3… 2… 1…“

Wie auch immer, eine von Crasters Frauen bringt dessen letzten Sohn zur Welt (vor dem Hintergrund, dass die Ranger Mitte der letzten Staffel meuterten, zu dem Zeitpunkt Talisa noch nicht mal schwanger war, ihre Schwangerschaft bei der Red Wedding weit fortgeschritten ist und zwischen den Staffeln laut Jaime mehrere Monate vergangen sind müsste es eher der Sohn eines seiner Mörder sein, aber diese Staffel hat es nicht so mit der Kontinuität) und die karrikativen Bösewichte beschließen, mit dem Kind so zu verfahren, wie vor ihnen Craster. Einer trägt es zu dramatischer Musik in den Wald, legt es dort ab, die Kamera zoomt raus, die Musik wird lauter, alles wirkt wie eine Endszene uuuuuund… es geht weiter.

Epic scene count: (4) Wenigstens ist „frierendes Baby im Schnee“ ein eher unangenehmes Bild. Kurve gekriegt, Serie, jetzt bring das einfach irgendwie zu Ende.

Noooooooo! One does not simply torture Hodor…

Weiter geht es mit Bran, der in der Nähe ist und das Schreien des Babys hört. Ich muss vorweg gestehen, dass ich Brans Plotline im Buch nicht besonders spannend finde und die Serie da bislang keine Abhilfe leistete. Sie umzuschreiben ist das großartigste, was die Serie vollbracht hat, seit sie mit Arya und Tywin Lannister zwei meiner Lieblingscharaktere, die sich nicht begegnen sollten, zusammengebracht und mir damit schlaflose Nächte beschert hat. Bran schlüpft in den Körper seines Wolfs Summer, um der Sache auf den Grund zu gehen, findet heraus, dass die überböse Mörderbande Jons Wolf Ghost gefangen hält und stürzt in eine Grube, worauf Bran in seinen eigenen Körper zurückkehrt. Der Versuch Summer zu retten scheiter und Bran und seine Freunde werden gefangen. Und nichts davon ist im Buch! Die Möglichkeiten, was nun passierne könnte, sind unendlich. Wird es zu einer Begegnung zwischen Bran und Jon kommen? Wird die Serie beschließen, dass Bran eigentlich keine zwei Reeds als Begleitung braucht und nur einer überleben muss? Wird Hodor weiter gefoltert werden (HODOR!!! HODOR!!! Frauen schänden? Ok. Blut aus Schädeln tinken? Na gut. Aber LASST DIE FINGER VON HODOR!!!)? Was geschieht jetzt mit den beiden Wölfen? Fragen über Fragen, und als Leser fühlt man sich auf einmal ganz hilflos.

In einer letzten Szene sieht man den berittenen White Walker, der schon am Ende der zweiten Staffel gezeigt wurde, das Baby abholen und durch unterschiedlichste Winterlandschaften davontragen, bis er ihn schließlich auf einem Eisaltar ablegt. Als wäre das nicht genug tritt anschließend ein anderer Walker aus der Dunkelheit, hebt das Kind auf und berührt seine Wange. Die Augen des Babys werden blau. WHAT THE FUCK DID WE JUST SEE?!

What the fuck?

Seriously! What the fuck?!

Offenbar sind einige White Walkers mehr als einfache Eiszombies und darüber hinaus scheint es nochmal einen Unterschied zwischen dem berittenen Walker und dem eisigen Voldermort mit Nase zu geben, was die Fähigkeit Babys zu vereisen angeht. Und dann ist da noch die Bezeichnung, die der geheimnisvollen Kreatur in den Credits vorkommt, und die hier nachgelesen werden kann. Da nicht sicher ist, ob es sich dabei um ein Versehen handelt, und diese Information nicht nur der Serie, sondern auch den Büchern einiges vorweg nehmen könnte, bleibt es euch überlassen, auf den Link zu klicken. Wie weltbewegend der Spoiler ist hängt ohnehin vom eigenen Verhältnis zum Game of Thrones Universum ab. Ich jedenfalls habe einigermaßen gestaunt. Fest steht, auch ohne die Zusatzinformation aus den Credits wissen jetzt erstmalig Seriengucken mehr als Romanleser. Die Welt ist im Wandel…

Achja. Epic scene count: (6) Schon der berittene White Walker (hm… more like White Rider, I guess) wäre in sich eine übermäßig epische und würdige Schlusssequenz gewesen. Der Eisaltar und der Vater aller Walker setzten dem aber dann nochmal die frostige Krone auf. Hatte ich mich vorhin über den ‚das Gute gewinnt immer‘ Herr der Ringe Flair beschwert? *bibber* Ich nehm’s zurück!

„Dumdidumdidumdidum… Walkers in a Winter-Wonderland“

Zusammenfassend war „Oathkeeper“ vielleicht nicht die packendste aller Folgen, aber sie war unterhaltsam und ihr Ende riss alles raus. Das übertriebene Maß an Pathos und Ehrenhaftigkeit, Eigenschaften, die in dieser Serie ja gerne mal mit dem Tod bestraft werden, lässt einen angenehm besorgt auf die nächsten Folgen blicken.